Warum ich noch einmal für den Bundestag kandidiere?
Seit Freitag ist es offiziell: ich werde 2025 erneut für die CDU im Bundestagswahlkampf antreten, um das Direktmandat im Wahlkreis 71 zu gewinnen. Was zunächst formell klingt ist, für mich nach wie vor eine große Ehre, die mich sowohl mit Demut als auch mit Vorfreude erfüllt.
Nach meinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag im Jahr 2021 habe ich mein Leben neu organisiert und inzwischen bin ich sehr glücklich mit meinem Job in der Wirtschaft und der Privatsphäre für meine Familie und mich. Viele Freunde und Bekannte haben mich deshalb gefragt, „Warum möchtest Du zurück in die Politik?“ Eine Frage, die ich gut nachvollziehen kann, weil ich sie mir selbst gestellt habe.
Politisch gestalten zu dürfen ist ein Privileg und ich bin sehr dankbar für alles, was ich in 4 Jahren Bundestag und inzwischen mehr als 10 Jahren als ehrenamtlicher Stadtrat lernen durfte.
Doch die Ergebnisse der Europa- und Kommunalwahlen, sowie zuletzt der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, zeigen sehr deutlich, wie gespalten unsere Gesellschaft aktuell ist. Auf der einen Seite steht die AfD, die nur die schlechten Seiten der Migration sieht, sich von Regenbogenfahnen provoziert fühlt und die EU am liebsten abschaffen möchte. Gleichzeitig gelang es der „Ein-Frau-Partei“ um Sahra Wagenknecht, die frühere Ikone der Kommunistischen Plattform, in rekordverdächtiger Zeit zweistellige Wahlergebnisse zu erzielen.
Beide Wahlerfolge beunruhigen offenbar nicht nur mich, sondern zunehmend auch breitere Teile der Bevölkerung. Sehr oft habe ich in letzter Zeit den Satz gehört „Die demokratischen Parteien müssen jetzt zusammenhalten.“ Doch was genau soll das bedeuten?
Im eigentlichen Sinn des Wortes wurden beide Parteien demokratisch gewählt, aber das macht sie nicht automatisch zu Verteidigern unseres Grundgesetzes bzw. unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Ich vertrete daher die These, dass nicht unsere Demokratie per se gefährdet ist, sondern viel mehr unsere Freiheit sowie die Art und Weise, wie wir leben. Denn ganz offenkundig erzielen die unzähligen Warnungen vor dem rechtsextremen Gedankengut der AfD oder den Verbrechen „des Kommunismus“ keine Wirkung mehr. Die Wählerinnen und Wähler dieser Parteien sind scheinbar so frustriert über die aktuelle Politik, dass sie bereit sind, extreme Positionen zu akzeptieren.
Doch wie viel Extremismus können wir uns leisten, bis es zu riskant wird? Wie viel Freiheit und Rechtsstaatlichkeit dürfen geopfert werden, damit es schnell „besser“ wird? Welche Bevölkerungsgruppe darf man mehr ausgrenzen als die andere…?
Es wäre sehr vermessen, zu behaupten, dass ich ein Patentrezept hätte, um diesem gefährlichen Trend entgegenzuwirken. Ein solches Rezept habe ich leider nicht. Allerdings stelle ich fest, dass die bisherige Strategie des Dämonisierens und Ausgrenzens zu keinem Erfolg führt. Es muss uns endlich gelingen, die Probleme zu lösen, aus denen sowohl die AfD als auch das BSW Kraft schöpfen.
Gleichzeitig brauchen wir endlich wieder eine echte Debattenkultur, die auf Respekt und Toleranz fußt. Ein vielversprechender Lösungsansatz darf nicht moralisch entwertet werden, weil er nicht in das eigene Weltbild passt. Toleranz bedeutet nicht, dass man jede Position unwidersprochen hinnehmen muss, aber man sollte zumindest akzeptieren, dass es neben der eigenen Meinung auch noch andere legitime und gleichrangige Sichtweisen gibt. Toleranz ist anstrengend, sie verlangt einem viel ab und man kann sie so gut wie nie von Extremisten erwarten. Und dennoch brauchen wir sie aktuell mehr denn je. Die CDU, „meine“ Partei, braucht sie mehr als jemals zuvor. Denn sie ist die letzte verbliebene Volkspartei, die weiterhin den Anspruch hat, unterschiedliche politische Strömungen zu vereinen. Für „Linke“ wird sie deshalb nie ausreichend sozial und für extreme „Rechte“ nie konsequent genug sein. Doch wenn wir unser Land wirklich wieder auf Kurs bringen wollen, dann wird es ohne diesen ausgleichenden Politikstil nicht funktionieren.
Was bedeutet das konkret?
In den Mittelpunkt meiner persönlichen politischen Agenda stelle ich den Menschen als Individuum. Eine politische Meinung zu einem einzelnen Thema darf nicht dazu führen, dass man den gesamten Menschen und manchmal auch dessen Lebensleistung herabwürdigt oder an den Pranger stellt. Wer sich auf diesen Pfad begibt, der unterscheidet sich letztlich selbst nicht von den Extremisten, denen er eigentlich die Stirn bieten will. Die Herausforderung besteht darin, bürgerliche, liberale und soziale Werte zu verteidigen und gleichzeitig frustrierte Bevölkerungsgruppen zurückzugewinnen.
Meiner Meinung nach kann das nur gelingen, wenn man Politik mit Herz und Verstand betreibt und in grundsätzlichen Fragen Rückgrat zeigt. Als konservativer Christdemokrat kann und werde ich nicht tatenlos zusehen, wie die Mitte unserer Gesellschaft durch den Streit ihrer extremen Ränder aufgerieben wird. Unser Land, unsere Heimat und unsere Werte sind es wert, dass wir für sie kämpfen. Und genau deshalb habe ich mich entschlossen noch einmal für den Deutschen Bundestag zu kandidieren.
Euer Christoph Bernstiel